Private Zusatzleistungen bei Zahnspange: Diese fünf Leistungen sind sinnvoll
07. Februar 2023Grundsätzlich gilt, dass die gesetzlichen Krankenkassen bis zum 18. Lebensjahr die Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung bei Zahnfehlstellungen oder Kieferanomalien bezahlen, wenn die KIG-Kriterien erfüllt sind. Bei kieferorthopädischen Behandlungen mit festen Zahnspangen bieten Kieferorthopäden häufig Behandlungs- und Materialalternativen an. Die Kosten dafür werden nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen und müssen aus eigener Tasche bezahlt werden. Doch sind außervertragliche Leistungen (AVL) notwendig? Und welche privaten Zusatzleistungen sind sinnvoll?
Private Zusatzleistungen gibt es in allen medizinischen Bereichen. Viele Patienten kennen die individuellen Gesundheitsleistungen unter dem Begriff IGeL Leistungen. Auch in der Kieferorthopädie gibt es Leistungen, welche die gesetzliche Krankenkasse nicht übernimmt. In der Kieferorthopädie ist eher der Begriff außervertragliche Leistungen (AVL) verbreitet.
Die gesetzlichen Krankenkassen beteiligen sich bis zum 18. Lebensjahr an den Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung, wenn die KIG-Kriterien vorliegen. In Ausnahmefällen übernimmt die gesetzliche Krankenkasse bei Patienten über 18 Jahren mit gravierenden Zahn- und Kieferfehlstellungen die Behandlungskosten, wenn eine kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie notwendig wird. Jedoch umfassen die Erstattungen grundsätzlich nur die Grundversorgung, also lediglich Behandlungen, die zweckmäßig, ausreichend und wirtschaftlich sind. Wer allerdings eine zeitgemäße, unauffälligere und angenehmere Korrektur möchte, kommt an privaten Zusatzleistungen nicht vorbei. Was sinnvoll ist und was nicht, muss man immer im Einzelfall betrachten. Diese privaten Leistungen sind aber generell empfehlenswert.
Fünf sinnvolle private KFO Zusatzleistungen auf einen Blick
1. Private Zusatzleistung: Diagnostik
Niemand behandelt gern im Blindflug. Röntgenbilder sind für eine gute Diagnostik und Dokumentation des zu behandelnden Falls notwendig. Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gibt dabei genau vor, wie viele Röntgenaufnahmen oder Modelle erstellt werden dürfen. Oft ist die Anzahl der Röntgenaufnahmen oder Modelle aber nicht ausreichend, um eine professionelle Behandlung zu gewährleisten. Dann kommen die privaten Zusatzleistungen (AVL) ins Spiel. Dadurch können z.B. weitere Fernröntgenseitenaufnahmen (FRS) durchgeführt werden, um die kieferorthopädische Therapie exakt auf den Patienten anzupassen. Auch zusätzliche Abdrücke oder Scans zur Erstellung von Diagnostikmodellen können sinnvoll sein.
2. Private Zusatzleistung: Vorab-Erkennung von Funktionsstörungen
Die kieferorthopädische Erstuntersuchung dient der Abklärung von Indikation und Zeitpunkt kieferorthopädisch-therapeutischer Maßnahmen. Die detaillierte Untersuchung der Kiefergelenke auf Funktionsstörungen ist nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen. Stattdessen ist lediglich vorgesehen, dass der Kieferorthopäde die Grundfunktionen des Gebisses (z. B. Öffnen und Schließen des Mundes) überprüft. Auch während der Behandlung ist keine Funktionsanalyse zur Prüfung möglicher Fehlstellungen der Kiefergelenke (CMD) vorgesehen. Die manuelle und instrumentelle Funktionsanalyse sind daher private Zusatzleistungen, die aber meist von Zusatzversicherungen abgedeckt werden.
3. Private Zusatzleistung: unauffällige Bracketbehandlung
Insbesondere Jugendliche wünschen sich häufig eine möglichst unauffällige Bracketbehandlung. Zum Glück bietet die moderne Kieferorthopädie hier Brackets, die aufgrund ihres zahnfarbenen Materials (Keramik- oder Kunststoffbrackets) oder einer deutlich reduzierten Größe (Minibrackets) weniger auffällig im Mund sind. Zahnfarben beschichtete Bögen runden zudem den ästhetischen Eindruck ab. Darüber hinaus kann auch durch das zungenseitige Platzieren von Brackets auf der Rückseite der Zähne (Lingualtechnik) eine komplett unsichtbare Korrektur ermöglicht werden. Leider gehören diese weniger auffälligen Behandlungslösungen nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen. Diese erstatten lediglich klassische Brackets und Bögen aus Edelstahl. Mit „klassisch“ sind hierbei Standardbrackets gemeint, bei denen der Bogen mithilfe kleiner Gummiringe oder Drahtschlaufen (Ligaturen) im Bracketschlitz fixiert wird. Brackets, die den Bogen durch einen integrierten Mechanismus selbstständig im Slot halten – sogenannte selbstligierende Brackets – müssen aus eigener Tasche bezahlt werden. Wer also eine unauffällige Bracketbehandlung wünscht und Wert auf eine schöne Optik legt, kann dies über eine private Zusatzleistung verwirklichen.
4. Private Zusatzleistung: Spezialbögen für gewebeschonende, effektive Behandlungen
Auch bei den Bogenmaterialien gibt es hochmoderne Alternativen zu dem Bogen aus Edelstahl. Sogenannte thermoelastische Spezialbögen aus Nickel-Titan sind Bögen, die eine schonende, sanfte Behandlung für den Patienten garantieren. Zahnbewegungen und die einhergehenden knöchernen Umbauvorgänge erfolgen durch diese elastischen Bögen schonender und fühlen sich deutlich angenehmer an. Patienten, die eine sanfte und trotzdem effektive und schnelle Behandlung wünschen, können sich dies durch eine private Zusatzleistung ermöglichen oder zahlen die Differenz zu den Kassenbögen.
5. Private Zusatzleistung: zusätzliche Prophylaxe-Maßnahmen
Ein großes Thema bei privaten Zusatzleistungen ist die Prophylaxe. Feste Zahnspangen erschweren das tägliche Zähneputzen erheblich. Um dem erhöhten Kariesrisiko vorzubeugen, bietet sich das Aufbringen eines Schutzlacks an, der die Zahnflächen versiegelt und während der Behandlung weniger anfällig für schädliche Bakterien macht. Diese Bracketumfeldversiegelung, deren Kosten nicht übernommen werden, ist empfehlenswert. Das Gleiche gilt für die professionelle Zahnreinigung und Fluoridierung, die in regelmäßigen Abständen erfolgen sollte. Hier zahlt die Kasse nur zweimal im Jahr die Individual-Prophylaxe (IP) beim Zahnarzt, was jedoch bei eingeschränkter und vor allem unzureichender Mundhygiene nicht ausreichend ist.
Fazit:
Durch den Abschluss außervertraglicher Leistungen (AVL) besteht die Möglichkeit, die kieferorthopädische Behandlung zu optimieren und modernste Behandlungstechniken in Anspruch zu nehmen. Allerdings ist die komplette Therapie mit Aligner eine Privatleistung. Oft werden vom Kieferorthopäden Ratenzahlungen oder Möglichkeiten zur Finanzierung angeboten, wenn keine Zusatzversicherung für die Zusatzkosten aufkommt. Die Zusatzleistungen werden nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) abgerechnet. In den Bundesländern können jedoch unterschiedliche Regelungen existieren.
Quellen:
- Das Gesundheitsportal medondo.health
- Bogenformen und Bogenmaterialien. In: Bock JJ, Bock J: Grundwissen Kieferorthopädie. Spitta Verlag, Balingen 2005, S. 105-105.
- Festsitzende Apparaturen. In: Bock JJ, Bock J: Grundwissen Kieferorthopädie. Spitta Verlag, Balingen 2005, S. 98-101.
- Private Zusatzleistungen: Welche sind sinnvoll? In: Bückmann B: Kieferorthopädie. Stiftung Warentest, Berlin 2009, S. 87-100.
- Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe)
- Zahnzusatzversicherung im Test: 91 von 244 Tarifen sind sehr gut | Stiftung Warentest
- Zahnzusatzversicherung für Kinder | die 37 besten KFO-Tarife im Waizmann-Vergleich (waizmanntabelle.de)
- Schopf P: Die Kieferorthopädischen Indikationsgruppen [KIG] I. Teil. Zahnärztlicher Gesundheitsd 2002; 32: 16–22
- Schopf P: Kieferorthopädische Abrechnung: BEMA, KIG, GOZ 2012/GOÄ. Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin 2013
- Das Gesundheitsportal medondo.health